
Große Begriffe drohen, einmal in Mode gekommen, schnell zur reinen Marketingsymbolik zu verkommen. „Nachhaltigkeit“ ist ein solcher Begriff. Kaum ein Unternehmen, welches sich heute nicht zu seiner Nachhaltigkeit bekennt. Kein Wunder, dass Sprachforscher inzwischen konstatieren, Nachhaltigkeit sei zum „Gummiwort“ geworden, und Umweltverbände sich über ein „green washing“ beschweren.
Ich möchte ausdrücklich feststellen: Ein Einkaufszentrum ist kein Naturschutzgebiet. Und eine aufgeschraubte Solaranlage macht ein Gebäude noch lange nicht nachhaltig.
Der richtige Ansatz für Architekten und Projektentwickler ist aus meiner Sicht viel grundlegender: Wie kann ich Immobilien so planen, realisieren und betreiben, dass sie langfristig eine möglichst positive Wirkung auf ihre Umwelt haben und sich zugleich ihre Nebenwirkungen in Grenzen halten?
Entscheidend hierfür ist zunächst der Denk- und Planungshorizont der Entscheider: Wer eine Immobilie mit möglichst großer Marge möglichst kurzfristig wieder veräußern will, hat in der Regel kein Interesse an einer nachhaltig geplanten Immobilie. Und wer keine Referenzprojekte vorweisen muss, wird von den Konsequenzen eines solch kurzfristigen und zumeist auch kurzsichtigen Denkens vielfach auch nicht eingeholt.
Es geht auch anders: Als europäische Shoppingcenter-Marktführerin steht die ECE im öffentlichen Fokus. Politiker und Stadtverwaltungen schauen sich unsere Stadtgalerien in der Realität an, bevor sie eine Entscheidung für ihre eigene Stadt treffen. Und wir verbleiben als Vermieter und Manager am Standort, übernehmen also eine dauerhafte Verpflichtung für die von uns geplanten Immobilien.
Die ECE hat daher schon nachhaltig geplant, als der Begriff noch gar nicht bekannt war: 1970 eröffneten wir das Alstertal-Einkaufszentrum in Hamburg. In enger Abstimmung mit den stadtentwicklungspolitischen Zielen des Hamburger Senates wurde eine Fläche direkt am Endbahnhof einer S-Bahn gewählt, der zum Nukleus eines neuen Stadtquartiers werden sollte. Ein flexibles Stützenraster sorgte dafür, dass der ursprünglich im Basement angesiedelte Möbelhändler nach einer entsprechenden Veränderung der Kundenwünsche durch zahlreiche andere Geschäfte ersetzt werden konnte, ohne dass erhebliche Umbauten erforderlich waren. Als Mieter akquirierte man starke lokale Partner, die teilweise noch heute dem Standort die Treue halten. Und sämtliche Um- und Erweiterungsbauten konnten wir nahezu ohne Inanspruchnahme zusätzlicher unversiegelter Flächen realisieren.
In den folgenden Jahrzehnten arbeiteten die Projektentwickler, Architekten, Bauingenieure und Centermanager der ECE kontinuierlich daran, die Nachhaltigkeit unserer Einkaufszentren weiter zu verbessern. Ziele sind etwa ein schonender Umgang mit dem Bauland, Flächenrecycling, hohe Dauerhaftigkeit und universelle Nutzbarkeit des Gebäudes, problemloser Umbau und ggf. Rückbau, der Einsatz umwelt- und gesundheitsverträglicher Stoffe und Ausbaumaterialien, ein umfassendes Stoffmanagement, rationelle Energieverwendung und eine Minimierung der Baunutzungskriterien.
Diese Maßnahmen sind nicht spektakulär - aber die Arbeit am Detail zeigt Wirkung. Allein die Nutzung von Energiesparlampen neuester Generation spart etwa 20 Prozent Energie. In Zeiten deutlich steigender Energiepreise ist dies zunehmend auch ein wirtschaftlicher Faktor, weshalb die ECE auch die Mieter systematisch über die entsprechenden technischen Möglichkeiten informiert und hier unter dem Namen „cool down“ eine Kooperation mit der Firma Philips eingegangen ist.
Selbstverständlich befassen wir uns auch mit der Frage, wie ihre Einkaufszentren direkt mit regenerativer Energie versorgt werden könnten. So haben wir für die Rhein-Galerie in Ludwigshafen sämtliche aktuell verfügbaren Alternativen geprüft. Dabei wurde deutlich, dass Technologien wie die Brennstoffzelle für Shoppingcenter derzeit nicht geeignet sind, da diese weder Warmwasser in den entsprechenden Mengen benötigen noch einen annähernd konstanten Energieverbrauch über den Tag aufweisen.
Andere Technologien wie Geothermie haben an vielen Standorten fragwürdige und vielfach auch nicht genehmigungsfähige Nebenwirkungen, wie etwa eine Erhitzung des Grundwassers. Dennoch intensivieren wir weiterhin die Grundlagenforschung in Zusammenarbeit mit verschiedenen Universitäten, um neue Ansätze zu entwickeln und auf ihre Realisierbarkeit und ihren wirklichen Nutzen für die Umwelt hin zu überprüfen.
Parallel hierzu gehen wir weiter den Weg einer kontinuierlichen Verbesserung durch innovative Detaillösungen. Aktuelle Beispiele finden sich in der Ernst-August-Galerie in Hannover:
- Ein intelligentes Steuerungssystem ermöglicht eine natürliche Be- und Entlüftung über die Dächer. Eine mechanische Kühlung wird nicht mehr benötigt, da der Überdruck in den Läden reduziert wird und die gespeicherte Nachtkühle nun ausreicht, um angenehme Temperaturen zu erzielen.
- Für die Kühlung wird somit ein Energieverbrauch von 162.000 kWh eingespart, was 35 Tonnen CO2 entspricht.
- Um den Ansprüchen eines modernen Designs und einem nachhaltigen Einsatz von Energie gleichermaßen gerecht zu werden, wurden auf Wunsch der ECE neue LEDs für die Fassadenbeleuchtung entwickelt.
- Da für das Anfahren einer Rolltreppe relativ viel Energie aufgewendet werden muss, wurde eine neu konzipierte Steuerung für einen intermittierenden Betrieb entwickelt. Hierbei werden die Rolltreppen frequenzabhängig gesteuert. Bei einer hohen Kundenfrequenz läuft die Rolltreppe im Vollbetrieb. Nehmen die Kundenströme ab, verlangsamt sich die Grundfahrt mit einer Geschwindigkeitserhöhung bei Kundenzutritt. Nur bei einer sehr geringen Kundenfrequenz schaltet die Treppe in den Standby-Betrieb.
- Zusätzlich wurde in die Dachkonstruktion der Ernst-August-Galerie eine 250-Kilowatt-Photovoltaikanlage integriert, die etwa 50 Tonnen CO2 im Jahr einspart.
Nachhaltigkeit heißt für uns aber auch, die eigenen Ressourcen zu nutzen, um andere zum Mitmachen zu bewegen. So geben Umweltinitiativen in den Ladenstraßen der Center Energiespar-Tipps und stellen energieeffiziente Produkte vor. Denn der Kampf gegen den Klimawandel darf nicht am Ausgang der Einkaufszentren enden.
Einige konkrete Beispiele
Architektur

Sonnensschutzverglasung reduziert den Kühlungsbedarf
Shoppingcenter werden nur an wenigen Tagen im Jahr beheizt. Entscheidend für die Einsparung von Energie ist daher anders als bei anderen Immobilien nicht eine optimale Wärmedämmung, sondern ein möglichst geringer Wärmeeintrag:
- Sonnenschutzverglasungen reduzieren den Kühlungsbedarf und die notwendige Lichtstärke in den Geschäften.
- Extensive Dachgrünflächen bilden wertvolle Biotope in den Städten, gleichen zudem Temperaturschwankungen aus und können somit zur Energieeinsparung beitragen.
- Die Lüftung der Center erfolgt ausschließlich über energieeffiziente Antriebe mit niedrigem SFP-Wert (specific-fan-power). Großzügig dimensionierte Wärmetauscher mit einem Rückgewinnungsgrad von 70 Prozent senken dabei den Heiz- und Kühlungsbedarf.
- Die Räume für die verlustarmen Gießharztransformatoren liegen grundsätzlich an den Außenwänden, um eine gesonderte mechanische Kühlung unnötig zu machen.
- Bei der Wärmedämmung für befahrbare Dächer gelten höchste Ansprüche an das Dämmmaterial. Dazu wird Foamglas verwendet, auch Schaumglas genannt. Hierbei wird zum überwiegenden Teil recyceltes Glas gemahlen, erhitzt, mit Kohlenstoff versetzt und aufgeschäumt.
- Die Nutzung langlebiger deutscher Werkstoffe (Jura-Marmor, regionaler Sandstein, einheimische Gehölze) reduziert das Transportaufkommen. Anders als bei Materialien aus China, Südamerika oder Ägypten ist zudem sichergestellt, dass die Steinbrüche rekultiviert werden.
Besonders wichtig ist, dass Shoppingcenter ohne größere bauliche Maßnahmen an die sich ständig verändernden Kundenwünsche und Handelstrends angepasst werden können:
- Durch den Einsatz statisch-konstruktiver Systeme (keine vorgespannten Konstruktionen, keine Durchlaufträger) mit ausreichenden Lastreserven können Ladenflächen weitgehend flexibel neu geschnitten und umgenutzt werden.
- Für den gleichen Zweck werden Reserven in haustechnischen Systemen für spätere Nutzungsänderungen eingeplant. Als Energieversorgungssystem für die Mietbereiche werden dabei Stromschienen mit variablem Anschlusswert eingesetzt.
Standortwahl
- Innerstädtische Standorte reduzieren die Verkehrswege, immer mehr Kunden kommen mit dem ÖPNV, zu Fuß oder mit dem Fahrrad.
- Standorte in der Stadt fügen sich zudem in die gewachsenen Strukturen ein und stärken diese.
- Kompakte, bereits erschlossene Standorte senken die notwendige Flächenversiegelung, die Flächenausnutzung eines Shoppingcenters ist dabei deutlich besser als die eines normalen Geschäftshauses, da bei vielen Funktionen (Personalräume, Toiletten, Aufzüge) erhebliche Synergien vorhanden sind.
- Die meisten Standorte werden zudem nicht erstmals bebaut, sondern umgenutzt. Es werden daher keine neuen Flächen versiegelt. Umfassende Bau- und Grundwassergutachten stellen sicher, dass es nicht zu problematischen Grundwasserabsenkungen kommt und Böden ggf. aufwändig saniert werden.
Realisierung

Intelligente Beleuchtungskonzepte sparen Strom
- Für jede Baustelle werden umfangreiche Einrichtungspläne und Logistikkonzepte erarbeitet, um einen optimalen Baustellenbetrieb zu erreichen. Soweit möglich wird die Ver- und Entsorgung der Baustelle über Schienen oder Wasserwege organisiert. Ebenso wird geprüft, ob zur Verkehrsreduzierung der Einsatz einer stationären Betonmischanlage sinnvoll ist.
- Spezielle Bauschutt-Sammelstellen stellen sicher, dass bereits in der Bauphase eine Mülltrennung erfolgt.
- Durch wiederverwendbare Systemschalungen werden Ressourcen geschont.
- Der Einsatz von gekapselten Baumaschinen zur Lärmvermeidung schützt während der Bauzeit die Anwohner sowie die Handwerker auf der Baustelle.
Betrieb

Frequenzabhängige Rolltreppensteuerung spart Energie
- Mit Hilfe von modernen, rechnergestützten Regelungs anlagen (DDC-Anlagen, Direct Digital Control) werden die Leistungen und Verbräuche der Bereiche Heizung, Lüftung und Kühlung laufend überprüft und dynamisch an den aktuellen Bedarf angepasst.
- Energiesparleuchten, Bewegungsmelder und sich im Tagesablauf verändernde Lichtstimmungen sparen Strom.
- Die Kühlung der Center wird dreißig Minuten vor Ladenschluss ausgeschaltet, um den Energiebedarf zu reduzieren.
- Über den Vergleich der Bewirtschaftungskosten aller durch die ECE gemanagten Center werden überdurchschnittlich hohe Verbräuche identifiziert und behoben.
- Fernwärmeversorgung und Ökostrom reduzieren den Ausstoß von CO2, allein die erfolgte Umstellung der meisten DES-Shoppingcenter auf Ökostrom spart nach konservativen Berechnungen 10.000 Tonnen CO2 im Jahr, was dem Jahresaufkommen von 450 Zwei-Personen-Haushalten entspricht.
- Der Müll in den Centern wird getrennt.
- In den Reinigungsverträgen ist der Gebrauch umweltfreundlicher Mittel vorgeschrieben.